Angst: Wenn die Panikattacken wieder anklopfen

Mann mit Panikattacken im Supermarkt, greift sich an die Brust und lehnt sich angespannt über Einkaufswagen

Panikattacken können sich plötzlich und unerwartet einstellen, selbst an Tagen, an denen man glaubt, sich unter Kontrolle zu haben. Sie rauben einem den Atem, versetzen den Körper in einen Zustand extremer Anspannung und machen es schwer, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. In diesem Beitrag beschreibe ich, wie Panikattacken immer wieder in meinen Alltag zurückkehren, oft ausgelöst durch stressige Situationen oder emotionale Belastungen. Doch auch wenn diese Attacken mich lähmen, versuche ich, mich ihnen zu stellen und einen Weg zu finden, mit ihnen umzugehen.

Ein Tag voller Anspannung und innerer Unruhe

Gestern war wieder ein sehr schlimmer Tag für mich. Den ganzen Tag war ich extrem angespannt und hatte eine starke innere Unruhe in mir. Wahrscheinlich waren die letzten Tage und Wochen wieder zu viel für mich, denn passiert ist mal wieder sehr viel. Vor nun fast drei Wochen bekam mein kleiner Schatz, mein über alles geliebter Kater, die Diagnose Lungenkrebs, was meine Depression nochmals verschlimmert hat. Und ich dachte schon, dass es nicht mehr schlimmer geht. Aber bekanntlich gibt es ja immer nochmal eine Steigerung. Jeder Tag fühlt sich für mich wie Blei an. Mein zirkadianer Rhythmus ist komplett aus der Reihe. Selbst das Duschen und Zähneputzen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Ich kämpfe jeden Tag mit mir selbst und dieser beschissenen Depression. Die Diagnose von Mäusje hat dann meine Verlustängste extrem getriggert und ich weiß wirklich nicht mehr, wo mir der Kopf noch steht.

Am vergangenen Donnerstag ging dann ein Bericht über mich und mein Blog in der Onlineausgabe der Rhein-Zeitung online und gestern erschien dieser in der Printausgabe. Dieser Bericht hat mich zum zweiten Mal – die Rhein-Zeitung berichtete 2020 schon einmal über meine traumatische Kindheit und Jugend – sehr sichtbar gemacht und ich danke der Redakteurin Vera Müller von ganzem Herzen dafür, wie mitfühlend und wertschätzend sie den Bericht geschrieben hat. Aber diese Sichtbarkeit ist auch irgendwie sehr surreal. Die Resonanz ist auf jeden Fall sehr groß, mehr, als ich je erwartet hätte.

Dann musste ich am vergangenen Donnerstag noch für meine Mutter einkaufen fahren, was mich eh immer sehr stresst – das Einkaufen an sich. Ich war dann in Idar-Oberstein im Rewe und seitdem dieser Laden umgebaut wurde, fühle ich mich dort völlig erschlagen von dieser Größe und vor allem der Unübersichtlichkeit. Ich verstehe nicht, wie man einen Laden so „verschlimmbessern“ kann.

Jedenfalls war dort sehr viel los und unter so vielen Menschen fühle ich mich einfach völlig unwohl. Der Stresspegel stieg von Minute zu Minute an und ich merkte, wie die Panik und Angst in mir hochstiegen. Als ich dann nach einer Dreiviertelstunde endlich aus dieser Hölle kam, war ich völlig nass durchgeschwitzt und mit den Nerven komplett am Ende. Dieser Tag endete dann damit, dass sich wieder meine Herzangst, die sich seit meinem Entzug von Zopiclon und Diazepam entwickelt hatte, zurückmeldete. Mit den entsprechenden Atemübungen konnte ich mich dann nach einer halben Stunde wieder einigermaßen beruhigen. Zu Hause fiel dann die Anspannung zunehmend wieder ab, auch wenn die innere Unruhe bei mir nie wirklich verschwindet.

Überleben im Alltag – Zwischen Anspannung, Panik und Reizüberflutung

Am vergangenen Freitag versuchte ich mich dann halbwegs vom Donnerstag zu erholen, was so semi-gut verlief. Aber es war nicht so schlimm wie am Tag davor. Was mich ziemlich wunderte, war, dass ich die Nächte von Donnerstag auf Freitag und Freitag auf Samstag dann doch noch ganz ordentlich – für meine Verhältnisse – schlafen konnte. Trotz alledem wachte ich samstags schon mit einer starken inneren Unruhe und Anspannung auf. Diese steigerte sich am Samstag zunehmend, bis ich kurz vor einer ausgewachsenen Panikattacke stand. Eigentlich hatte ich schon wieder eine, aber es fühlte sich eher wie extreme Anspannung an. Irgendwie konnte ich mich mit überhaupt nichts ablenken. Atemübungen halfen auch nicht, vor allem war da noch der Umstand, dass ich für mich noch ein paar Sachen einkaufen musste und Einkaufen ist für mich einfach die Hölle auf Erden. Ich hasse diese Menschenmengen, dieses Gewusel, die Geräusche – alles Reizüberflutung.

Zu Hause und im Auto hatte ich dann mehrere Anflüge von Hyperventilation, welche ich aber mit bewusstem tiefen Ein- und Ausatmen ganz gut kontrollieren konnte. Zur Not habe ich auch immer eine Plastiktüte dabei. Wenn man hyperventiliert, soll man in eine Tüte atmen, um die Atmung zu regulieren, da man beim Ausatmen Kohlendioxid ausatmet, dieses sich in der Tüte ansammelt und so kein neuer Sauerstoff hinzugefügt wird, was den Kohlendioxidgehalt im Blut erhöht und somit die Atmung verlangsamt. Man wendet damit auch die sogenannte Pfötchenstellung ab.

Als ich dann im Auto saß, um nach Birkenfeld zu fahren, steigerte sich diese Anspannung, bis ich wieder kurz vor einer Panikattacke stand. Die Hyperventilation hatte ich aber ganz gut im Griff. Ich hatte nur Angst, dass ich die Kontrolle verlieren würde. Schließlich war ich gerade am Autofahren. Ich schaffte es dann aber ganz gut nach Birkenfeld.

Was mir gegen die Panikattacke geholfen hat

Als mir dann bewusst wurde, dass ich jetzt noch einkaufen muss, beschloss ich, die Panikattacke einfach einzuladen. Ja, ihr lest richtig. Ich habe zu ihr gesagt, als ich noch im Auto saß, sie solle doch endlich über mich herfallen, mit allem Drum und Dran. Wegen mir mit heftigem Herzrasen, Schwindel, Derealisation, Schweißausbrüchen – volles Programm eben. Irgendwie schien das der Panikattacke so gar nicht zu gefallen, denn auf einmal zog sie beleidigt von dannen.

Ich hatte in der Psychiatrie in der psychosomatischen Abteilung im BKH-Kempten gelernt, dass es besser ist, die Panikattacke nicht zu verhindern. Damit erschafft man nämlich den Kreislauf aus der Angst vor der Angst. Wenn man die Panikattacken nicht bekämpft, sondern zulässt, verliert die Panik mit der Zeit einfach zunehmend an Schrecken. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, das kann ein jahrelanger Prozess sein.

Als ich meine erste Panikattacke hatte

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich das erste Mal eine Panikattacke hatte. Da wohnte ich noch im Allgäu. Das war im Winter 2017/18. Ich holte gerade meine damalige Lebensgefährtin von der Arbeit ab und saß noch im Auto. Damals war ich noch starker Raucher und so vertrieb ich mir die Wartezeit mit Rauchen. Als ich so im Auto saß, eigentlich ganz entspannt – bis auf meine ständige innere Unruhe – hatte ich ein heftiges Herzstolpern. Auf einmal setzte das eine Kaskade in meinem Körper in Gang, was ich überhaupt nicht mehr steuern konnte. Ich hatte Todesangst. Ich glaubte in dem Moment wirklich: „Jetzt stirbst du.“ Selbst Rauchen ging nicht mehr und ich warf den Glimmstängel weg – und ich war Kettenraucher.

Mein Herz raste, stolperte, Herzaussetzer, Schweißausbruch, Zittern, Beine wie Gummi – komplett das volle Programm. Ich ging dann zur Arbeitsstelle meiner damaligen Lebensgefährtin und sie sah mir schon an, dass etwas nicht stimmte. Sie meinte noch, ob sie den Krankenwagen rufen solle, aber das wollte ich dann doch nicht. Als sie dann fertig mit der Arbeit war, fuhren wir umgehend ins Krankenhaus in Immenstadt im Allgäu. Ich war schon fast davon überzeugt, dass ich einen Herzinfarkt hatte. Im Krankenhaus stellte sich dann aber nichts Außergewöhnliches heraus, außer eine erhöhte Herzfrequenz und Blutdruck. Von diesem Tag an nahm meine Herzangst immer mehr zu. Ich überprüfte mehrmals am Tag meinen Puls. Blutdruckmessgerät hatte ich zu der Zeit noch nicht. Irgendwann beruhigte sich das alles wieder und es war fast schon wieder vergessen.

Bis zum Februar 2018. Ich hatte damals entschlossen, meine Schlaftabletten Zopiclon mal wieder zu reduzieren, da ich es satt hatte, von diesem Giftzeug abhängig zu sein. Ich wollte endlich wieder ohne sein. An einem Samstag im Februar wachte ich schon mit einer starken inneren Unruhe auf. Ist aber bei mir nicht ungewöhnlich, die innere Unruhe ist mein täglicher Begleiter, schon seit Kindheit an. Meine Oma sagte schon immer: „Bub, irgendwas stimmt mit dir nicht“ – und sie hatte damit so recht.

Auf jeden Fall hatten meine damalige Freundin und ich geplant, nach Österreich, Vorarlberg, über die Grenze tanken zu fahren. Damals war der Sprit dort um einiges billiger als in Deutschland. Auf dem Weg dorthin deutete nichts auf etwas Ungewöhnliches hin. Kurz nach der Grenze dann ein kurzes Stechen in der Brust. Das Hirn setzte aus und wie aus dem Nichts hatte ich wieder diese Panikattacke mit allem Drum und Dran. Wir fuhren dann noch tanken und dann umgehend nach Hause – eigentlich wollten wir uns noch einen schönen Tag machen. Von diesem Tag an war die Panikattacke fast 5 Monate mein täglicher Begleiter, ausgelöst durch die Psyche und vor allem auch den Entzug. Jeden Tag dachte ich, jetzt ist es dein letzter.

Und von diesem Tag an stand nicht nur einmal der Notarzt bei uns vor der Tür und brachte mich mit heftigen Symptomen ins Krankenhaus, nur um mir wieder mitzuteilen, dass mir körperlich nichts fehle – glauben konnte ich das nicht, schließlich waren die Symptome so real und echt. Teilweise Herzrasen bis 160 Schläge pro Minute, Blutdruckspitzen von über 210/110. Von da an wurde auch das Blutdruckmessgerät mein täglicher Begleiter, mit dem ich mich zuverlässig in diese Blutdruckkrisen maß. Ja, man kann sich dermaßen in die Angst hineinsteigern, dass der Blutdruck Höhen erreicht, die man sich nicht vorzustellen vermag.

Natürlich spielte aber auch der Entzug eine sehr entscheidende Rolle – denn: Sobald ich abends meine zwei 7,5mg Zopiclon einnahm und diese wirkten, ging der Blutdruck und der Puls in ganz normale Bereiche und die Angst und Panik verflog. Hörte die Wirkung nach ein paar Stunden auf, fing das Ganze wieder von vorne an. In der Zeit entwickelte ich eine ausgewachsene Herzneurose und zudem hypochondrische Züge, die Gott sei Dank fast komplett der Vergangenheit angehören. Der Entzug spielte dabei eine wesentliche Rolle.

Leben mit der Angst und Panikattacken

Das Ambivalente daran war jedoch, dass ich Angst vor einem Herzinfarkt hatte, Panik und hypochondrische Ängste, aber trotzdem an Suizid dachte. Ein Widerspruch in sich. Aber das ist Psyche. Und vor allem hatte ich das Gefühl, von Ärzten nicht ernst genommen zu werden. Ich hatte Blutdruckkrisen mit Herzrhythmusstörungen, heftigstes Herzrasen und wurde dann auch noch von einer Notärztin angepflaumt. Ich hatte zu der Zeit ja noch nicht realisiert, dass das Panikattacken und Entzugssymptome waren.

Als ich dann in den vielen Monaten mit unzähligen Panikattacken lernte, mit der Panikattacke zu leben, verlor diese zunehmend an Bedrohlichkeit und ich konnte immer mehr die Panikattacke einladen. Und jedes Mal, wenn ich sie einlud, mich zu überfallen, verflog sie wie eine beleidigte Leberwurst. Und das fühlte sich irgendwie toll an. Ich hatte ein Stück Kontrolle wieder zurückerlangt, ohne Angst vor der Angst zu haben. Aber immer funktioniert das auch bei mir nicht und es gibt Tage, da muss ich einfach mit einer Panikattacke klarkommen. So wie ich es mit der Angst und der Depression auch tun muss.

Auch die Herzangst hat ihren Schrecken verloren. Das Einzige, was mir noch geblieben ist und was sich in der Zeit entwickelt hatte, ist die Angst vorm Blutdruckmessen. Wenn ich nur schon daran denke, schießt bei mir der Blutdruck in die Höhe. Seit meinem Entzug nehme ich auch regelmäßig eine Tablette Valsartan 160mg – ein Blutdruckmedikament – ein. Aber ich bin davon überzeugt, dass auch irgendwann die Angst vorm Blutdruckmessen verschwindet. Dafür wird sich dann wieder was Neues melden, denn das ist bei mir das Übliche.

Euer Patrick

(Bild wurde mit KI von Microsoft Copilot generiert)

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