
Seit 2008 gehören Antidepressiva zu meinem Alltag – Medikamente, die oft als „Glückspillen“ bezeichnet werden. Mit 16 begann ich meine erste Behandlung mit Psychopharmaka. Damals spürte ich bereits erste Veränderungen in meinem sexuellen Empfinden, doch die Auswirkungen schienen zunächst nebensächlich. Je älter ich wurde, desto deutlicher traten die Nebenwirkungen zutage – besonders die emotionale Distanz und der schleichende Verlust der Libido. Was einst kaum ins Gewicht fiel, entwickelte sich über die Jahre zu einem stillen Begleiter mit spürbaren Folgen.
Libidoverlust, Erektions- und Orgasmusstörungen durch Antidepressiva – ein persönlicher Erfahrungsbericht
Seit 2008 nehme ich nun diese „Glückspillen“ regelmäßig ein, die sich Antidepressiva nennen. Angefangen hat alles mit dem Medikament Promethazin, da war ich gerade mal 16 Jahre alt. Mein erstes Antidepressivum war Fluctin – verschrieben bekam ich es mit gerade einmal 18 Jahren. Schon damals merkte ich, dass sich nach einer gewissen Zeit die Libido veränderte. Nach regelmäßiger Einnahme ging nämlich das Lustempfinden auf Sexualität deutlich zurück. Doch mit 16 oder 18 war das noch kein so großes Problem, da man in jungen Jahren eh viel mehr Lust auf die Lust hat. Doch umso älter man(n) wird, umso größer werden dann auch die Probleme mit dem Lustempfinden.
Keine Lust auf Sex durch Antidepressiva – und die Beziehung leidet
Seit ich nun diese Psychopharmaka regelmäßig einnehme, seit 2008, hat sich einiges verändert. Das erste Mal fiel mir das so richtig auf, als ich im Frühjahr 2008 meine Ex-Lebensgefährtin kennenlernte. Anfangs, wenn die Liebe noch frisch ist, fällt es noch nicht allzu groß ins Gewicht. Aber ich merkte, dass die Fähigkeit, eine „befriedigende“ Erektion zu erlangen, immer schwerer wurde durch die Einnahme der Antidepressiva. Hinzu kommt, dass auch das allgemeine Lustempfinden deutlich gestört ist – es ist schwierig, überhaupt eine befriedigende Lust zu empfinden. Es fühlt sich an, als wären alle Nerven an der Eichel stumpf bzw. man empfindet einfach keine richtige Befriedigung. Lust überhaupt auf Sex zu bekommen, fällt da sehr schwer und so kamen dann allmählich auch die Probleme in der Liebesbeziehung. Die Lust auf den Partner – bei mir Partnerin – stumpfte immer mehr ab. Egal wie sie sich auch darum bemühte, ich hatte einfach keine Lust auf Sex. Manchmal wurde auch sie mir zu viel – wenngleich ich es mir auch nicht unbedingt anmerken ließ.
Selbstbefriedigung als Flucht – aber kein Ausweg
Das Komische an alledem war jedoch, dass die Lust auf Selbstbefriedigung nicht ganz verloren ging. Es war einfacher, sich selbst zu befriedigen, als beim Sex mit meiner damaligen Partnerin erfüllende Befriedigung zu erlangen. Denn bei der Selbstbefriedigung muss ich nichts geben und wenn ich nicht zum Höhepunkt komme, dann ist es auch wurscht. Aber beim Sex mit dem Partner oder der Partnerin möchte ich doch alles geben. Ich möchte sie glücklich machen und ja, ich bin sogar so ein Mann, der sein eigenes Bedürfnis auch mal hintenanstellt. Aber wie soll man(n) es erklären, dass nicht sie daran schuld ist, dass man nicht zum Orgasmus kommt, sondern diese blöden Pillen und die Depression? Wie oft konnte ich mir anhören, dass sie wohl nicht gut genug für mich sei. Und dabei hatte es noch nicht mal etwas mit ihr zu tun, sondern ganz alleine mit mir und den Psychopharmaka. Und eine ausgewachsene Depression und die Antidepressiva können noch viel mehr, als nur die Lust auf die Lust zu zerstören. Die Depression kann, so jedenfalls bei mir, auch hin und wieder genau das Gegenteil davon, was ich eigentlich nicht empfinde: Lust! Aber das ist dann nicht wirklich Lust, sondern reines Verdrängen dieser schlechten Gefühle. Ja, es gibt oder gab Tage, an denen befriedigte ich mich wie ein Wahnsinniger selbst. Und danach fühle/fühlte ich mich noch schrecklicher. Erst war da die Entspannung, wenn es mal klappte mit dem Orgasmus, aber danach kommt wieder dieses tiefe Loch.
Pornos statt Nähe – ein Teufelskreis
Als Mann befindet man sich da irgendwie auf einmal in einem Teufelskreis. Auf der einen Seite war manchmal die Lust da, aber meine Partnerin nicht bei mir – also warf man(n) den PC an, schaute sich auf YouPorn und Co. um und beschäftigte sich mit sich selbst. Das Blöde daran ist, wenn die eigene Partnerin oder der Partner das irgendwann herausfindet, da der Verlauf nicht gelöscht wurde. Da konnte ich sie aber schon verstehen, dass sie da auf 180 war. Pornos und Selbstbefriedigung – ja, aber kein Sex – das passte für sie überhaupt nicht zusammen. Und ehrlich gesagt, bei mir auch nicht. Aber wie ich schon erwähnte, ist es dabei völlig egal, wie hart die Erektion ist, wie groß die Lust, oder eben nicht. Es spielt keine Rolle. Es ist einfach egal. Und es ist auch egal, ob man zum Höhepunkt kommt oder nicht. Und vor allem geht es schnell, wenn man(n) will. Aber Sex ist für mich auch irgendwo eine gewisse Leistung, die ich erbringen möchte. Ich möchte meine Partnerin ja auch glücklich machen, sie befriedigen, ihr gefallen.
Gefühlskalt und überfordert
Aber es war auch so, dass ich durch meine Depression und die Antidepressiva einfach keine Lust auf SEX hatte. Sex ist anstrengend und ist nicht mal eben in 5 Minuten getan – wenn man(n) es richtig machen möchte. Es war mir einfach alles zu viel. Zu viel Lust von ihr, zu viel Nähe, zu viel von allem. Und es gab nicht nur beim Sex Probleme, sondern allgemein auch in unserer Liebesbeziehung, da ich ihre gewünschte Nähe nicht erwidern konnte. Ich konnte ihr zwar sagen „Ich liebe Dich“, aber das sind eben nur Worte. Die wirkliche erfüllende Nähe spielt sich auf einer ganz anderen Ebene ab. Und diese Nähe konnte ich einfach nicht erfüllen. Ich konnte sie einfach nicht geben. Sie hätte so gerne morgens nach dem Aufwachen gekuschelt – mich nervte es nur noch und ich wollte meine Ruhe. Und sie merkte das. Oft weinte sie, weil ich ihr das alles nicht geben konnte und dies belastete mich noch mehr. Und schon ist man wieder in einem Teufelskreis drin. Umso mehr sie einforderte, umso mehr wendete ich mich ab. Und irgendwann kam dann der große Knall. Das war 2010, zwei Monate nach dem Tod meines tyrannischen Erzeugers. Es gab nie wirklich Streit – mal Meinungsverschiedenheiten, aber nie flogen die Fetzen. Es war an einem Abend, wir lagen schon im Bett und ich merkte, dass irgendwas nicht stimmte. Und als ich sie danach fragte, beendete sie unsere Beziehung.
Beziehungsunfähig?
Von 2013 bis 2020 hatte ich dann nochmal eine längere Beziehung, die aber auch alles andere als leicht war. Meine Gefühlskälte in mir, meine Verlustängste, mein Selbstwert – alles war nicht gerade förderlich für diese Beziehung. In dieser Beziehung flogen auch ziemlich oft die Fetzen und doch kam 2020, ein paar Wochen nach meiner Entlassung aus der Psychiatrie, die Trennung sehr überraschend für mich. Und jetzt? Jetzt habe ich überhaupt keine Lust mehr auf eine Beziehung, da ich weiß, dass ich nicht der Mann sein kann, den sich eine Frau wünscht.
In diesem Sinne wünsche ich all meinen Lesern alles Gute,
Euer Patrick
(Bild wurde mit KI von Microsoft Copilot generiert)

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