
Es gibt Gedanken, die lassen sich nicht vertreiben. Sie kommen leise, setzen sich fest, und wachsen zu etwas, das größer ist als man selbst. Verlustangst ist so ein Gedanke – oft ungreifbar, aber immer präsent. In diesem Text erzähle ich davon, wie sie mein Denken prägt, mein Fühlen formt und manchmal die Kontrolle übernimmt. Es ist keine Anleitung zum Umgang mit Angst, sondern ein Einblick in mein persönliches Erleben – ehrlich, unverblümt und doch mit dem Wunsch, irgendwann wieder leichter atmen zu können.
Ich kenne dieses beklemmende Gefühl seit meiner Kindheit. Damals war es noch nicht so übermächtig. Doch seitdem mein Bruder Torsten 1996 durch Suizid aus dem Leben gerissen wurde, ist die Angst, jemanden zu verlieren, ein ständiger Begleiter geworden – leise, aber unnachgiebig. Sie hat sich tief in meinem Denken eingenistet, und ich schaffe es nur selten, sie in ihre Schranken zu weisen. Es ist schwer in Worte zu fassen, was da genau passiert. Oft reichen Kleinigkeiten – für andere völlig harmlos –, um diese Spirale loszutreten. Wenn ich etwa einen engen Freund nicht erreiche, beginnt mein Kopf sein eigenes Programm: Worst Case Deluxe.
Wenn Katastrophendenken zur Königsdisziplin wird
Vielleicht liegt’s an meiner Fantasie. Die ist lebendig. Zu lebendig. Und vielleicht ist genau das Fluch und Segen zugleich. Denn eines haben alle, die mit Angst kämpfen, gemeinsam: eine Vorstellungskraft, die einem den Verstand rauben kann. In der Panorama Klinik in Scheidegg sagte Dr. Dogs einmal, dass viele Angst- und Depressionspatienten sehr intelligent seien – voller Potenzial, das nur darauf wartet, zu leuchten. Viele berühmte Persönlichkeiten hätten mit denselben Dämonen zu kämpfen. Also… ist da in meiner Angst vielleicht auch ein Schatz verborgen? Eine Stärke, die ich nur noch nicht zu greifen weiß? Ich bin mir da noch unsicher.
Halt endlich mal die Klappe, Hirn!
Heute war mal wieder so ein Tag. Die Gedanken rasten, das Kopfkino ging in Serie, mein innerer Regisseur hatte wieder Überstunden. Ich hätte alles dafür gegeben, einen imaginären Ausschalter für mein Hirn zu besitzen. Wenn der Druck steigt und die Endlosschleife beginnt, ist der Schritt in den Abgrund gefühlt nur noch ein Hauch entfernt. In den Kliniken, in denen ich schon war, habe ich zum Glück einige Skills an die Hand bekommen. Manchmal helfen sie auch. Nur heute eben nicht. Heute hat nichts gegriffen. Erst gegen Nachmittag kam ein wenig Ruhe in mein System.
Die Angst vor der Angst – das ewige Echo
Und kaum ebbt die aktuelle Welle ab, klopft schon die nächste an. Die Angst vor der nächsten Angstattacke. Ein ewiger Kreisverkehr ohne Ausfahrt. Wenn ich dann wieder halbwegs klar denken kann, frage ich mich oft: Warum eigentlich diese Panik? Nichts von dem, was ich mir ausmale, ist real. Ich weiß das. Und doch zieht mich diese Angst regelmäßig in eine Welt, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Und Verlustangst ist nur eine von vielen Schattenseiten. Wird das jemals aufhören? Oder muss ich lernen, mit ihnen zu koexistieren? Vielleicht wäre es schon ein Fortschritt, wenn ich sie einfach mal neben mich stellen und ihnen den Rücken zukehren könnte. Rote Karte. Genug jetzt.
Morgen ist ein neuer Tag. Und ich wünsche mir, er bringt Licht statt Angst.
Euer Patrick
(Bild wurde mit KI von Microsoft Copilot generiert)

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